Geometrie im Grünen Gewölbe II – Stella octangula

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Als ich das erste Mal im Neuen Grünen Gewölbe in Dresden stand, war ich sehr erstaunt. Ich war schon so oft im Museum gewesen, daß ich beinahe geglaubt hätte, in habe schon alles gesehen. Mit den neuen Räumen im wiederaufgebauten Schloß ergaben sich aber auch neue Möglichkeiten der Präsentation. Und somit konnten auch Austellungsstücke gezeigt werden, die bisher nur im Lager dahindämmerten.

Ein paar Kostbarkeiten sollen hier unter dem Blickwinkel der Geometrie und Mathematik ihrer Zeit betrachtet werden.

Seit alter Zeit sind aus der Geometrie die Platonischen Körper bekannt. Ihren Namen haben Sie aus der Beschreibung bei Platon. Dieser beschrieb in seinem Dialog Timaios den Aufbau der Welt. Dort wurden die fünf Platonischen Körper als die Träger der Grundelemente beschrieben. Tetraeder (Feuer), Oktaeder (Luft), Ikosaeder (Wasser), Würfel (Erde) und Doedekaeder (Äther / Kosmos) bilden diese Fünfheit ab.

Im Laufe der Geschichte waren sie immer wieder Grundlage verschiedener Philosophien und Untersuchungen. Da gibt es Polare Körper, Hüllkörper, Sternformen und anderes mehr, was im Laufe der Zeit erst entdeckt wurde.

Hier soll einer vorgestellt werden, der etwas unbekannter ist. Stella Octangula.

Wie weiter oben schon angedeutet, gibt es unter den Platonischen Körpern auch Polaritäten. Je zwei Körper sind polar zu einander, wenn die Spitze des einen genau in den Flächenmittelpunkt des anderen passt.

Würfel und Oktaeder Würfel und Oktaeder bilden ein solches Paar.

Ikosaeder und Dodekaeder Ebenso Ikosaeder und Dodekaeder.

Von den fünf regelmäßigen Körpern bleibt jetzt noch einer übrig. Der Tetraeder.

Tetraeder

Er könnte entweder zu einer anderen geometrischen Form polar sein, oder zu sich selbst. Und genau das ist er auch. Bestimmen wir den Mittelpunkt jeder Fläche und verbinden diese untereinandern, erhalten wir einen neuen kleineren Tetraeder. Wenn wir den kleinen Tetraeder so groß darstellen, wie den ersten, ergibt sich eine Durchdringung der beiden, die Stella Octangula genannt wird.

Sterntetraeder - Stella Octangula - Oktaederstern

Im Rahmen der Arbeit des Institutes ist dieser Körper als Sterntetraeder oder als Basis der Mer-Ka-Ba Meditation bekannt.

Schneiden wir an dem Körper alles acht Tetraeder ab, finden wir in der Mitte wieder einen Körper, platonischen Körper, den Oktaeder. Deswegen erscheint mir die Bezeichnung Sterntetraeder etwas irreführend, eigentlich ist es wohl eher ein Oktaederstern. Lateinisch eben Stella Octangula. Bei Wikipedia gibt es einen eigenen Artikel zum Thema. Dort wir fälschlicherweise gesagt, daß er von Johannes Kepler 1609 entdeckt wurde. Hilfreich bei Wikipedia ist es immer wieder, die englische oder eine anderssprachige Version eines Artikels zu konsultieren.
Dort finden sich meist korrektere Angaben. In unserem Fall lesen wir, daß dieser Körper bereits 100 Jahre früher von Luca Pacioli entdeckt wurde. Der Illustrator aber zu dem Buch von Luca Pacioli ist kein geringerer als Leonardo da Vinci gewesen. Daß bedeutet, daß ihm der Oktaederstern auch schon bekannt gewesen sein muß. Es finden sich immer wieder hinweise darauf, daß mehrere Gelehrte der damaligen Zeit zum einen regen Austausch über die Forschungsergebnisse gepflegt haben und wohl auch Zugriff auf alte Geheimtexte besaßen.

Einen Hinweis auf das Alter des Wissens um den Oktaederstern finden wir auch in Dresden im Neuen Grünen Gewölbe. Dort befindet sich direkt an den ersten Saal angeschlossen in einem Erkerzimmer das Mikrokabinett. In diesem liegen auf der linken Seite kleine Elfenbeischnitzereien.

Etwas erstaunt war ich beim ersten Besuch dort eine kleine Sammlung an Sternoktaedern zu finden. Schon alleine die filigrane Bearbeitung des Elfenbeins ist eine Augenweide.

Sterntetraeder

Gefertigt wurden die um 1620, also nach Johannes Keplers Erwähnung, von Antonius Oertel. Ich habe einmal Hinweise gefunden, daß er auch in Dresden geweilt hat.
Vielleicht hatte er das Wissen um diesen Körper mitgebracht oder Antonius Oertel anderweitig inspiriert.

Wie immer herzlichen Dank an die Mitarbeiter in den Staatlichen Kunstsammlungen für die Erlaubnis, hier einzelne Stücke mit Foto vorzustellen. Alle bildrechte liegen also auch dort.

10 Gedanken zu „Geometrie im Grünen Gewölbe II – Stella octangula

  1. Faszinierend … ich finds super was manchen Leuten so auffällt. Ich bin selber Mathematiker und wäre niemals darauf gekommen so sehr ins Detail zu schaun. Klasse Bericht und eine gute Anregung für eine Unterrichtseinheit über platonische Körper ! Dankeschön !

  2. Himmel! Ich bin begeistert von der Elfenbeinschnitzerei! Was für eine Handwerkskunst!

    Ich habe selbst zwei Sternoktaeder aus kleinen Perlen gefädelt und bin auf der Suche nach weiterer Information auf diese Seite hier gestoßen. Ich hoffe, ich darf auf meinen Blog verlinken?

  3. Hallo zusammen! Mir ist aufgefallen, dass der Sterntetraeder der MerKaBa nur mit der oberen und unteren Spitze die Kugel berührt, die beiden Tetraeder sich also in einem anderen Verhältnis als im Stella Octangular überlagern.

    Gibt es eine Erklärung für diese unterschiedlichen STs?

  4. Hallo Jove,

    Das ist ein Problem der Perspektive in der Darstellung. Real ist es schon so, daß alle Eckpunkte die Kugel berühren.

    Andreas

  5. Hallo Andreas,

    vielen Dank für Deine Antwort; ich bezog mich auf die Zeichnung, die über Leonardos Zeichnung gelegt wurde. Wenn ich die Stellar Octangular-Graphik weiter oben sehe, sind bei der Seitenansicht obere Spitze, untere Spitze und Überscheidung der Basen jeweils ein Drittel der Gesamthöhe, die Spitzen passen sowohl in einen Würfel als auch in eine Kugel. Beim MerKaBa-ST scheint mir das nicht der Fall zu sein, zumal die Darstellung ja in 2D und nicht perspektivisch ist.

    Jove

  6. Hallo Jove,

    Du meinst sicher eine GRafik aus dem Buch über die Blume des Lebens? Das ist aber wirklich der Perspektive geschuldet. Der MerKaBa St ist identisch mit dem mathematisch exakten Stella Ocatangula.

    Grüße
    Andreas

  7. Hallo Andreas, ja, ich habe mich auf die Zeichnung in BdL bezogen. Kannst Du mir das mit der Perspektive bitte erklären(geht auch in einer privaten email)? Vielleicht kriege ich dann ein tieferes Verständnisin dem Gebiet.

    Grüsse und besten Dank
    Jove

  8. Hallo Andreas, es hat sich alles aufgeklärt, war ein Irrtum meinerseits.

    Beste Grüsse
    Jove

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